Geschäftsgeheimnisse schützen

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Geschäftsgeheimnisse schützen ist nur effektiv möglich, wenn ihrer Verletzung aktiv vorgebeugt wird.
Das Unterlassen vorbeugender Schutzmaßnahmen ist ein Verstoß gegen Compliance Pflichten; es drohen Schadensersatzansprüche.
Diese Konsequenzen folgen daraus, dass das Geschäftsgeheimnisschutzgesetz (GeschGehG) die klassischen Ansprüche bei der Verletzung von Geheimnissen
 Beseitigung und Unterlassung
 Vernichtung; Herausgabe; Rückruf; Entfernung und Rücknahme vom Markt
 Auskunft über rechtsverletzende Produkte; Schadensersatz bei Verletzung der Auskunftspflicht
nur noch gewährt, wenn diese Ansprüche verhältnismäßig sind. Damit ist die Möglichkeit, Ansprüche gerichtlich durchzusetzen, praktisch erschwert.

⇒ Beispiel

Der Mitarbeiter Mustermann hat eine Kündigung erhalten, er war als Vertriebsmitarbeiter in den Märkten des Unternehmens bestens vernetzt. Mustermann hat bereits bei einem Wettbewerber einen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben, dort ist die Vorfreude auf sein Wissen über Kunden, Deckungsbeiträge, Neuentwicklungen pp groß.
 Alte Rechtslage
Bisher war die Rechtslage zum Datenschutz: Mustermann darf bei seinem neuen Arbeitgeber alles preisgeben, was er im Kopf hat. Geschäftsgeheimnisse in Unterlagen darf er nicht nutzen, er muss die Unterlagen seinem alten Arbeitgeber herausgeben. Wenn Mustermann dagegen verstieß, machte er sich strafbar. Das Gleiche galt auch für Mitarbeiter im Personalmanagement oder im Vertrieb des neuen Arbeitgebers, wenn sie von dem Verstoß wussten.
Vor Gericht hatte der Arbeitgeber Vorteile bei der sog. Beweislast. Es wurde zu seinen Gunsten angenommen, dass er die Geschäftsgeheimnisse schützt. Mustermann musste deshalb beweisen, dass dies nicht der Fall war.
 Neue Rechtslage
Der entscheidende Unterschied: Arbeitgeber haben vor Gericht nur dann gute Chancen, wenn sie ihre organisatorischen Maßnahmen zu einem effektiven Schutz der Geschäftsgeheimnisse vortragen und beweisen können. Gelingt das nicht, können sie z.B. keinen hohen Schadensersatz fordern. Sie müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie selbst keine oder zu geringe Schutzmaßnahmen getroffen haben, Sanktionen gegen Mustermann sind deshalb unverhältnismäßig.

⇒ Folgen

 Wenn Arbeitgeber also Geschäftsgeheimnisse nicht angemessen schützen, wird es jetz eng, wenn Mustermann nutzt sein Know – How beim neuen Arbeitgeber nutzt.
 Auch eine sog. einstweilige Verfügung wird Arbeitgebern kaum gelingen, wenn sie keine durchdachte Organisation implementieren, um die vertraulichen Daten zu schützen. Dabei ist eine einstweilige Verfügung gegen Mustermann ein effektives Mittel für den Arbeitgeber; sie gibt ihnen sehr viel schneller Mittel gegen jenen in die Hand, als ein langwieriges normales Gerichtsverfahren.
 Strafrechtlich wird die Verletzung von Geschäftsgeheimnissen in der Regel nur verfolgt, wenn ein Strafantrag gestellt wird. Das bietet die Möglichkeit, sich mit Mustermann außergerichtlich zu einigen, wenn auf den Antrag verzichtet wird. Er kann aber auch dazu dienen, Polizei und Staatsanwaltschaft zu Sicherungsmaßnahmen wie Beschlagnahmen beim neuen Arbeitgeber von Mustermann zu bringen.
Ein Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft ohne Strafantrag ist nur bei besonderem öffentlichen Interesse möglich; bei Geschäftsgeheimnissen eines Unternehmens liegt eher kein besonderes öffentliches Interesse vor.

⇒ Größere Bedeutung des Themas

 Es geht nicht nur um Mustermann. Die verschärften Anforderungen gelten auch bei Hackerangriffen oder Spionage.
 Schließlich ist das Thema Geschäftsgeheimnisse schützen auch ein Compliance Thema; hier sind Verantwortung und Haftung von Vorstand oder Geschäftsführung betroffen.
 Bei Whistleblowern war umstritten, wann etwa Mitarbeiter an die Öffentlichkeit gehen dürfen, um ein Fehlverhalten ihres Unternehmens publik zu machen. Sie riskierten persönliche Strafbarkeit und arbeitsrechtlich Gründe zur Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses.
Nunmehr ist das Verhalten legitimiert, wenn es eine rechtswidrige Handlung oder ein berufliches oder sonstiges Fehlverhaltens aufdecken soll. Es muss aber hinzukommen, dass das Verhalten geeignet ist, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen; das ist jedenfalls dann der Fall, wenn es um strafbares Verhalten geht.
Für Whistleblower gilt also weiterhin: Erst abwägen, dann ggf. an die Öffentlichkeit. Aber die Abwägung ist für sie berechenbarer geworden. Das gilt erst recht ab Juli 2023 mit dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG). Dazu > Hinweisgeberschutzgesetz – Überblick, Inhalte
 Für Rechte und Pflichten der Mitarbeiter aus dem Arbeitsverhältnis ändert sich zwar nach dem GeschGehG nichts. Schweigepflichten und die generell geltende Pflicht, den Arbeitgeber nicht zu schädigen, gelten unverändert. Aber diese Pflichten haben eine sehr viel geringere Relevanz, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist!